Harmonie und Homöostase

In der Antike strebte man nach Harmonie. Man strebte Vollendung und Schönheit an – in der Kunst, in der Musik, in der Ästhetik sowie in zwischenmenschlichen Beziehungen. Das Wort Harmonie stammt vom Altgriechischen „harmonia“ ab und bedeutet so viel wie Ausgewogenheit, Einklang und Eintracht.

Die ideale Vorstellung der Übereinstimmung von Innen und Außen, die Sehnsucht nach Harmonie zwischen dem Sinnlichen und der Vernunft inspirierte und prägte viele Denker und Schriftsteller, so Goethe und Schiller. Auch sie standen für Werte wie Menschlichkeit, Toleranz und Ausgleich. Harmonie und Humanität wurden (auch) zu Leitideen der Klassik.

Das harmonische Zusammenspiel der Kräfte, das er in der Natur entdeckte, wurde Goethe zum universalen Ideal und Erklärungsmodell. Der Ausgleich und der Ausgewogenheit in der Natur trotz Veränderungen und Wandel regten ihn zum Transfer auf persönliche und gesellschaftliche Sachverhalte an.

Schauen wir uns das Begeisterung hervorbringende Gleichgewicht, das sich in der Natur manifestiert, im Bereich der Medizin näher an. Der menschliche Körper ist ein offenes, dynamisches System mit internen Prozessen, die in einem bestimmten Gleichgewichtszustand funktionieren. Im Körper streben demnach alle Regelprozesse nach Gleichgewicht, denn dies ist die Grundlage für die Überlebensfähigkeit des gesamten Organismus. Das Gleichgewicht des inneren Milieus wird mithilfe der Homöostase aufrechterhalten. Dieser liegen selbstregulierende Mechanismen zugrunde, die nach dem Feedbacksystem funktionieren. Wird eine Diskrepanz zwischen dem Soll- und dem momentanen Ist-Wert gemessen, so werden regulierende Prozesse in Gang gesetzt. Durch die Homöostase werden wichtige Vorgänge wie z. B. Körpertemperatur, Atmung, Blutzucker und Blutdruck reguliert. Im Folgenden soll anhand dieser Größen aufgezeigt werden, dass auch unser Körper nach „harmonischem“ Ausgleich strebt.

Die Körpertemperatur

Der menschliche Körper besitzt aufgrund biochemischer Aktivität unabhängig von der Außentemperatur eine Kerntemperatur von ca. 37 Grad Celsius. Diese muss in engen Grenzen konstant gehalten werden, da mechanische Abläufe und chemische Reaktionen im Körper auf ein Temperaturoptimum angewiesen sind.

Bei Abweichungen sind viele Aktivitäten beeinträchtigt. So können bereits bei Temperaturen über 40 °C humane Proteine und Enzyme denaturieren, d. h. ihre spezifische Struktur verlieren, was zur Beeinträchtigung der Aktivität der Stoffwechselreaktionen führt. Sehr hohes Fieber (40–42 °C) kann lebensbedrohlich werden, nicht zuletzt aufgrund der Entwicklung von lebensgefährlichen Hirnödemen.

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