Die Heilige Maria im Koran – nur eine geschichtliche Erzählung?

Von Kübra Dalkılıç

So prägt Gott Gleichnisse für die Menschen, damit sie nachdenken darüber und die notwendigen Lehren daraus ziehen.

Ibrāhīm 25

Wie LeserInnen mit Texten umgehen
bzw. was sie mit dem Gelesenen erreichen möchten, ist entscheidend für die Herangehensweise des Gehirns an den jeweiligen Text. So ist es auch bei den heiligen Schriften. Wenn die Person sich beim Lesen nur geschichtliches Wissen aneignen möchte, dann öffnen sich ihr auch nur diese Zugänge. Denn das Gehirn geht selektiv vor und konzentriert sich dann auf die Erzählung. Ebenso verhält es sich, wenn der Fokus auf die Lehre gerichtet ist. Wieder richtet sich die Wahrnehmung entsprechend aus.

So ist es auch bei der Maria-Erzählung. Die Erzählung Marias soll den Menschen wichtige Botschaften verkünden, die allerdings nur von denjenigen zu verstehen sind, die ihren Verstand auch nutzen.

Insofern wird mit der Lebensgeschichte Marias (F.s.i.) auch die Ungleichstellung der Geschlechter in der damaligen Gesellschaft vor Augen geführt. Die Erzählung unterstreicht wiederum, dass Gott den Frauen dasselbe Recht zur Teilhabe in der Gesellschaft und dasselbe Recht zur Bildung gibt. Somit haben Menschen dieselben Rechte durch Gott bekommen und es steht keinem Geschlecht zu, dem anderen Geschlecht dieses abzusprechen. Im Folgenden wird auf die Geburtsgeschichte Marias eingegangen.

Ḥannas Kindeswunsch

Ḥanna, die Tochter Fāqūḏs – auch als Anna, die Tochter des Phanuels bekannt1 – ist die Mutter Marias und die Schwägerin von dem Propheten Zacharias. Als sie alt und unfruchtbar war, hatte sie den Wunsch nach einem Kind. Dieser Wunsch tauchte bei ihr laut Muḥammad ibn Isḥāq auf, als sie einen Vogel sah, der seine Kinder fütterte. Laut Ḥasan al-Baṣrī soll dieser Wunsch jedoch aufgrund einer Eingebung bzw. Inspiration entstanden sein. Ḥannas Begehren nach einem Kind war so stark, dass sie sogar bereit war, sich von ihrem Kind, nach dem sie sich so sehnte, zu trennen und es als Dank auf dem Wege und der Dienerschaft Gottes bereitzustellen.2 Diese Weihgabe soll eine Art Erlösung für diejenigen sein, die dem Gottesdienst geweiht werden.3 Das entsprechende Wort muḥarraran soll demnach „unvermischt, rein, pur, frei und befreit4 bedeuten und auch für die Befreiung von Sklaven benutzt worden sein.5 Denn die Eingeweihten sollen ihre eigentliche Freiheit gewonnen haben, indem sie nicht mehr für weltliche Aufgaben verantwortlich waren und sich ausschließlich dem Gottesdienst widmen konnten. Ḥanna wollte also dem Kind in ihrem Leibe ein freies und erfülltes Leben ermöglichen.

Marias Geburt

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