Die Sache mit dem Respekt
Der folgende Beitrag widmet sich einem Thema, das jeden Einzelnen von uns betrifft. Jeder von uns hat das Recht, ihn zu erwarten, aber häufig mangelt es heutzutage an ihm: Respekt.
Was bedeutet eigentlich, jemandem Respekt entgegenzubringen? Bedeutet es, sich einem Menschen zu unterwerfen, zu ihm aufzusehen, vielleicht sogar eine gewisse Art von Angst zu empfinden? Ich denke nicht. Ich denke eher, Respekt heißt, beim Durchsetzen und Ausleben der eigenen persönlichen Freiheiten die Grenzen des anderen zu achten und zu wahren. Und ich denke weiterhin, dass Respekt beinhaltet, die Einzigartigkeit und Besonderheit eines jeden Menschen anzuerkennen und zu akzeptieren.
Wann beginnt sie eigentlich, diese Sache mit dem Respekt? Wenn wir erwachsen sind, für mündig erklärt werden? Oder schon früher, wenn wir beginnen, uns bewusst über uns und unsere Umwelt Gedanken zu machen? Oder gar noch früher? Vielleicht schon vor der Geburt, ab dem Moment der Zeugung? Ich habe nicht vor, hier zur Thematik ‚Abtreibung – ja oder nein?‘ abzuschweifen. Diese Frage mag noch so berechtigt sein, ist aber an vielen anderen Stellen lange und kontrovers genug diskutiert worden. Was ich hier ansprechen möchte, ist das Verhalten einer werdenden Mutter gegenüber ihrem ungeborenen Kind. Lebt sie rücksichtslos weiter wie bisher, mutet sie ihm Stress, Nikotin, Alkohol zu? Oder beginnt sie, sich in das werdende Leben einzufühlen, ihr Handeln auf den neuen ‚Mitbewohner‘ in ihrem Leib auszurichten?
Es folgt ein kleiner Zeitsprung.
Wie verhält es sich in unserer Gesellschaft mit dem Respekt gegenüber einem Kind, das heranwächst? Es versteht sich von selbst, dass jeder bei Schlagwörtern wie Sexualverbrechen oder Misshandlung zusammenzuckt und sich empört. Doch über die Bedürfnisse eines Kindes hinweg setzen Erwachsene sich auch noch auf weitaus subtilere Weise. Es beginnt bereits damit, dass der Unterhaltungsbedarf eines Kindes gedeckt wird, indem es völlig unbeaufsichtigt vor den Fernseher gesetzt und bedient wird, statt in gemütlicher Atmosphäre zusammen mit den Eltern die Abenteuer von Bücherhelden erleben zu dürfen. Aufsicht? Aus welchem Grund? Schließlich nennt es sich doch Kinderprogramm. Eine weitere Form der psychischen Misshandlung ist, wenn auch nicht immer als solche deutlich, dem Kind Unfähigkeit zu unterstellen, sei es in klaren Worten oder auf suggestive Weise. Es gibt unzählige Arten, einem Kind den Respekt zu versagen, bewusste und unbewusste.
Dies setzt sich fort im weiteren Lauf des Lebens. Mit dem Schuleintritt wird dem Kind beigebracht, dass Lehrer Autoritätspersonen sind und als solche mit Respekt behandelt werden wollen, obwohl sie selbst oft den Respekt vor ihren Schülern vermissen lassen. Und mit Beginn der Pubertät rächt sich häufig, was im Kindesalter an Respekt zu vermitteln versäumt wurde.