Die vergessene Geschichte der Philosophie
Batu saß am Esstisch und wartete. Während das Essen bereits auf dem Herd kochte, schmierte sich Mikail, sein kleiner 2 Jahre alter Bruder, auf seinem Stuhl die Schüssel mit Joghurt ins Gesicht. Die Mutter rief nach Opa. Dieser jedoch suchte noch seine Zahnprothese für das Abendessen. Vater hatte sich soeben die Hände gewaschen und setzte sich nun an den Tisch. Mitten in all diesem Durcheinander saß Batu ruhig auf seinem Platz und dachte nach. Das Warten auf die Älteren vor dem Essen war ein Symbol der Wertschätzung, und er nutzte diese Zeit oft zum Nachdenken. Noch nie hatte Batu erlebt, dass Vater vor Opa angefangen hatte zu essen, und das, obwohl Opa eigentlich jedes Mal seine Zahnprothese suchte und die Familie so manchmal bis zu zehn Minuten warten ließ. Einmal hatte die ganze Familie Opa bei der Suche geholfen, und Mutter hatte später gemeckert, weil das Essen kalt geworden war.
Warum gab es denn keine morgenländischen Philosophen?
Heute war es der Philosophieunterricht in der Schule, der Batu nicht aus dem Kopf ging. In seiner Schule konnte man in der neunten Klasse Philosophie wählen, und das hatte er, genau wie viele seiner Freunde, gern getan. Allerdings war ihm nach einer Zeit aufgefallen, dass die Philosophen allesamt Europäer waren. Sie hießen Sokrates, Platon, Aristoteles, Descartes, Hume, Hegel oder Kant. Warum gab es denn keine morgenländischen Philosophen? Hatten sich denn seine Vorfahren nie mit so elementaren philosophischen Fragen auseinandergesetzt?
Opa war nun endlich da. Während Mutter sehr behutsam die brühend heiße Suppe verteilte, beschloss Batu, seinen Vater zu fragen. Vielleicht konnte er ihm ja weiterhelfen.