Wundheilung

Gibt es in unserem Leben als Mensch bestimmte Prozesse, die bei Bäumen ganz ähnlich ablaufen? Ja, die gibt es. Interessanterweise verheilen offene Wunden bei Menschen und Bäumen offenbar nach dem gleichen Schema.

Bäume sind, genau wie wir Menschen, anfällig für größere und kleinere Verletzungen. Diese können aus dem Abbrechen eines Astes, Feuer oder anderen Schädigungen durch Mensch und Tier resultieren. Dabei besteht die Gefahr, dass Infektionen auftreten, die Fäulnis hervorrufen oder bewirken, dass die Transportgewebe Phloem und Xylem, die den Baum mit Nährstoffen bzw. Wasser versorgen, durch Mikroorganismen und Insektenbefall (Bakterien, Pilze, Parasiten) geschädigt werden.

Wundflüssigkeit und die Bildung von Narbengewebe

Wunden beim Menschen sondern Blutserum ab, Wunden von Bäumen dagegen milchartige oder harzartige Flüssigkeiten. Das Serum unterstützt die Sterilisation menschlicher Wunden und die Blutgerinnung, während Milch (bei Laubbäumen) und Harz (bei Nadelbäumen) Baumwunden vor potenziell schädlichen Organismen wie Bakterien, Pilzen und Insekten schützen. Eine weitere Eigenschaft dieser Flüssigkeiten und auch darin ähneln sie dem Serum beim Menschen ist ihre Gerinnungsfähigkeit. Sie erstarren und verhärten unmittelbar nach ihrer Ausscheidung, sodass sie einerseits einen biologischen Heilungsprozess in Gang setzen und sich andererseits wie eine schützende Haut über den verletzten Bereich legen.

Beim Menschen werden Wunden durch neue Bindegewebszellen (Fibroblasten) repariert, bei Bäumen zunächst einmal durch die Bildung von Wundgewebe, das man Kallus nennt. Nach Gerinnen der abgesonderten Flüssigkeiten vermehren sich im Bereich der Wunde die Epithelzellen. Sie hüllen die Wunde vollständig ein, wodurch neues Transportgewebe entsteht. Dieses Transportgewebe ermöglicht die Zufuhr von Fibroblasten. Sie haben auch bei Bäumen entscheidenden Anteil an der Wundheilung, weil sie ein bestimmtes Kollagen-Protein produzieren, das für den Aufbau einer heilenden Faserstruktur benötigt wird. Der verletzte Bereich wird mit diesen Fasern ummantelt und erholt sich mit der Zeit wieder. Wie lange dieser Prozess in Anspruch nimmt, hängt von der Größe der Wunde ab.

Wenn nur ein Teil der Baumrinde beschädigt ist, vollzieht sich der Heilungsprozess durch die zeitnahe Vermehrung, Umwandlung und Reifung von Parenchymzellen, die den Kallus bilden. Diese Parenchymzellen verschmelzen miteinander und formieren sich zu wulstigem Kallusgewebe, das die Wunde erst einmal verschließt. Später dann geht aus diesem Gewebe neues, gesundes Kambium und neue, gesunde Rinde hervor. Das hinter der Rinde gelegene Kambium-Gewebe ermöglicht dem Baum, in die Höhe und in die Breite zu wachsen, daher darf es möglichst nicht geschädigt werden. Es wächst vom Rand der Wunde bis ins Zentrum und gewährleistet so eine vollständige Heilung. Ähnlich wie beim Menschen kann der allgemeine Zustand des Baumes den Heilungsprozess beschleunigen oder verlangsamen. Weiterlesen

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